Wer bin ich und was ist die neue Normalität?

Schauspielerin, Moderatorin und Trainerin: das bin ich. Als solche definiere ich mich selbst als Künstlerin und Dienstleisterin. Es ist der Beruf, mit dem ich in den letzten 20 Jahren in Selbstständigkeit meinen Lebensunterhalt gesichert habe.

Zu dem derzeitigen Stand meines Daseins gibt es eine Auswahl an Meldungen, der letzten 2 Monate.

  • Alleine am 13. März sind mir Jobs im Werte von 30% meines Jahreseinkommens abgesagt worden … dass seitdem noch mehr bis in den November hinein weggefallen ist, sei zum Kontext ergänzt.
  • Der versprochene Notfall-Fond ist ausgeschöpft, einige haben 2.000 Euro erhalten, andere willkürlich nicht.
  • Ein anderer Nottopf ist an manchen Stellen ausgezahlt, muss aber wieder zurück gezahlt werden, weil er erst die Lebenshaltungskosten von Künstlern abdecken durfte (ich hab da noch ein Screenshot), dann wieder nicht, dann nur für 2 Monate, ach nee, doch für 3, aber keine Lebenshaltungskosten, nur Betriebskosten – die oft nicht anfallen bei Solokünstlern, denn die haben nur Kosten, wenn der Betrieb läuft…ach echt, ja gut, dann 2.000 Euro, viele haben das Geld zurück gezahlt, weil niemand die Regeln kennt.
  • Dass dazu dann noch all die Maßnahmen kommen, die uns täglich alle miteinander betreffen, die mit diversen Meinungsverschiedenheiten, Ängsten einhergehenden ….. eh klar. 
  • Dass ich als Soloveranstalterin in diesem Wonne Monat Mai ein Festival namens „Wanne schlägt Wellen“ mit 25 Veranstaltungen mit mehr als 30 Künstler/innen nicht wie geplant durchführen kann, dürfte spätestens jetzt auch bekannt sein.
  • Der Bochumer Tierpark verlost die Teilnahme von einem Erdmännchen oder wahlweise einer Ziege an einem Zoom Meeting. Wer das gewinnen möchte, soll begründen, wozu das gut wäre. Das ist klug, denn Bedeutung entsteht im Kopf des Betrachters.

Zitate und Meinungen

Eine Wirtschaftsförderung schreibt mir folgende Email: „Auch wenn du jetzt sehr frustriert bist: Könntest du dir generell vorstellen, dein Programm im nächsten Jahr in Gänze durchzuführen? Du kannst ja mal darüber nachdenken. Klar, dass wir warten müssen, bis man wieder richtig planen kann … Die geplante Creative Stage im Juni fällt auch aus.“

Das Bochumer Schauspielhaus reißt Stuhlreihen raus, um die Hygienemaßnahmen zu erfüllen. Von 800 Sitzplätzen bleiben 120. Gespielt wird ohne Pause. Bis zum eigenen Platz trägt man einen Mundschutz. Gastronomie gibt es keine. Wohl dem, der sich leisten kann, die Wunden, die gerissen werden, so eindrucksvoll auszustellen.

Ein Kollege in einem freien Theater, in dem ich oft agiere schreibt: „Liebe Leute, Zu dem Punkt“ Proben sind im Theater möglich“ habe ich eine Frage. Es gilt die Regel zwei Haushalte. Und wir gelten eher als Vereine und Hobbytruppen. Proben dürften also nicht legal sein. Außer mit 2 Teilnehmern.“ (Dass dies im germanistisch-linguistischen Sinne keine ausreichend klar formulierte Frage ist, ist heute weniger wichtig)

Ihr könnt HIER das Statement vom Rhein Neckar Theater ansehen. Auch Helge Schneiders gab ein Statement und erhielt unterschiedlichen Reaktionen darauf.

Zitat eines wunderbaren Kollegen auf Facebook:

Zwei Berufsgruppen, die mir in den letzten Jahren besonders ans Herz gewachsen sind, sind die Gastronomie und die Darstellenden Künste. Es gibt bei aller Unterschiedlichkeit viele Gemeinsamkeiten.
In der aktuellen Krise stehen beide Branchen vor existenzbedrohenden Herausforderungen.“Doch beobachte ich (in meiner Filterblase, und ja: es gibt Ausnahmen) ganz unterschiedliche Arten, damit umzugehen:In der Gastronomie haben sich innerhalb weniger Wochen fast Alle den krassen Herausforderungen gestellt: Gastronomen haben ihre Geschäftsmodelle umgekrempelt und in den Teams wurden trotz widrigster Bedingungen Abläufe komplett neu definiert … das „Neue Normal“ ist schon da!Bei meinen geschätzten Kollegen der darstellenden Künste nehme ich das oftmals anders wahr (und seid mir nicht böse!):
Ein Großteil der Energie scheint in selbstmitleidsvollen Rufen nach mehr und schnellerer und einfacherer Staatshilfe zu münden … Opfermentalität [und JA – wir sind ALLE Opfer], und spürbar gekränkt, dass man offensichtlich als weniger systemrelevant eingeschätzt wird als der Krankenpfleger oder die Spargelernte. Ein wenig mehr dürften wir uns schon auch der Krise entgegenwerfen, oder
?“


Teilt mit mir eure positiven Beispiele und Erfahrungen, wie ihr kreativ mit der Krise umgeht!

Weitere Gedanken, Emotionen und Ideen folgen hier im Teil 2.

Liebe Grüße, Anja